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Bürgergeld: Nahles sieht kaum noch Mittel, Maßnahmen gefährdet

Jochen Geis (selbst zertifizierter PAV)
 
BA Chefin Andrea Nahles warnt bereits jetzt würden in kleineren Jobcentern 80% der Mittel für die Aufrechterhaltung des Betriebes investiert, in die eigenen Personalkosten. Mit den Kürzungen im Bundeshaushalt drohe der Zusammenbruch der Maßnahmen. allerdings stellt sich die Frage ob diese nicht seit Jahren überdimensioniert sind. Das gesamte System steht irgendwie schief. Die Jobcenter sind teuer und ineffektiv, die Maßnahmen sind teuer und ineffektiv die privaten Arbeitsvermittler bekommen keine Vermittlungsgutscheine und die Arbeitgeber suchen Händeringend nicht nur Fachkräfte sondern auch ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter (Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungen...)
Im Juni 2023 bezogen 765.897 Personen in Deutschland Arbeitslosengeld I. Das sind 10% mehr als vor einem Jahr. Die ALG 1 Empfänger haben einen Rechtsanspruch auf einen Vermittlungsgutschein für einen privaten Arbeitsvermittler, dieser Rechtsanspruch bleibt auch von Kürzungen nicht betroffen. 
Die Zahlen im Bereich Bürgergeldempfang sind eine andere Dimension.
Bürgergeldempfänger aktuell:
5.370.000  Menschen beziehen Bürgergeld 
Es gibt in Summe darunter 870.000 Langzeitarbeitslose die ein Jahr und länger ohne Job sind, das ist ein niedriger Stand. Zur Hartz IV Reform 2006 waren es noch 1,9 Mio.!
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aber nicht alle stehen zur Verfügung
- 1.500.000 Kinder
-  800.000 "Aufstocker" (Vollzeit mit Familie, Teilzeit oder Minijob als Single reicht der Lohn der Arbeit nicht, insbesondere angesichts der hohen Mieten)
-  700.000 Menschen die Kinder oder andere Angehörige betreuen oder sich in Ausbildung befinden
-  400.000 Menschen befinden sich laufend in Maßnahmen, in diesem Bereich wurde tatsächlich in den letzten Jahren stark übertrieben, es gibt zahllose Berichte von unsinnigen Maßnahmen. es gibt sicherlich auch gute Maßnahmen, einige führen zu einer konkreten beruflichen Vorbereitung, andere vermitteln auch in Arbeit (was eigentlich die privaten Arbeitsvermittler machen sollten)   Beispiel Bericht über Maßnahmen von einem Hatz IV kritischen Forum: https://www.gegen-hartz.de/news/buergergeld-wenn-du-an-18-sinnlosen-jobc...
- 250.000 Menschen die krank sind und nur eingeschränkt oder gar nicht vermittelbar sind
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verbleiben 1.720.000 Erwerbslose
1,72 Millionen Menschen die dem Arbeitsmarkt und der Arbeitsvermittlung in den Jobcentern und den Kosten neutralen privaten Arbeitsvermittlern zur Verfügung stehen würden um den Arbeitsmarkt deutlich zu beruhigen.
Zuzüglich vielleicht 300.000 aus den Maßnahmen die in die Arbeitsvermittlung wechseln. Es soll nur noch qualifizierende Maßnahmen geben Ausbildung, Umschulung, Weiterbildung, berufliche Zertifikate, Führerscheine usw.
Zuzüglich vielleicht 250.000 Aufstockerinnen und Aufstocker, die von Minijob auf Teilzeit und von Teilzeit auf Vollzeit wechseln könnten.
 
Die Arbeitsvermittlung bleibt zentrale Aufgabe der BA und der Jobcenter
Um die Arbeitsvermittlung zu stärken, müssten die Jobcenter selbst stärker vermitteln und zusätzlich zahlreich Vermittlungsgutscheine AVGS (MPAV) abgeben um die privaten Arbeitsvermittler stärker einzubeziehen. Diese Berufsgruppe wurde in den letzten Jahren fast gar nicht genutzt. Die PAV werden von den Jobcentern und den Maßnahmeträger als geldgierig schlecht geredet, dabei erhält ein PAV weniger als ein Maßnahmeträger oder ein Mitarbeiter im Jobcenter. die meisten haben aufgeben müssen. Arbeitsvermittler ist ein ehrenwerter Beruf ganz gleich ob er in der Agentur oder von den zertifizierten privaten Partnern durchgeführt wird. Die PAV bekommen doch nur Geld wenn die Arbeitsuchenden mindestens 6 Monate im Job verblieben sind. Dann haben sie doch sehr gute Vermittlungstätigkeit geleistet, der Jobsuchende ist zufrieden, er bleibt nicht zum Gefallen der Arbeitsvermittler ein halbes Jahr bei einem schlechten Job. Wenn ein Arbeitsvermittler tatsächlich gut mit dem Geld und dem Jobsuchenden denkt, dann muss er die passende Stelle finden, sonst bekommt er kein Geld, so einfach ist das. 
Die PAV vermitteln die Kunden der Jobcenter relativ günstig für eine Erfolgspauschale, diese ist in der Regel weit unter dem marktüblichen Vermittlungskosten von 25% eines Jahresbrutto, Mit Mindestlohn hat man ca. 25.000 Euro - 30..000 Euro brutto (Weihnachts- Urlaubsgeld) dann würde der Vermittler bis zu 7500 Euro netto erhalten, mit dem Gutschein gibt es "nur" 2.500 Euro netto. Von Geldgier kann keine Rede sein, die meisten privaten Arbeitsvermittler mussten in den letzten Jahren den Betrieb einstellen. Die Jobcenter haben keine Gutscheine abgegeben sondern lieber wesentlich teureren Maßnahmen gefördert. Diese werden zudem nicht erfolgsabhängig ausbezahlt. Jetzt nach dem Ende der Corona Pandemie wird es Zeit das die Leute aus den Maßnahmen befreit werden und verstärkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
 
Bei den Maßnahmen muss man genauer hinschauen was man den will, gemeinsames Däumchen drehen oder echte berufliche Vorbereitung?
 
Der Deutsche Arbeitsmarkt hat sich im letzten Vierteljahrhundert stark gewandelt, zu Lasten der Ausbildungsberufe
Der Arbeitsmarkt ist stark im Wandel. Im letzten Jahr haben 20% der Menschen einfach mal ihren Job gewechselt. Durch den Mindestlohn werden Helferinnen selbstbewusster und machen auch mal krank, früher war die Gruppe unterdurchschnittlich krank, heute ist die Angst weg. Man findet immer einen Job der ähnlich bezahlt ist. Da sind klar die Arbeitgeber gefragt. Wir hatten 1999 nur 27. 418. 361 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Heute haben wir einen ganz anderen Arbeitsmarkt. Im Jahr 2022 waren es 34. 445. 087 sozialversicherungspflichtigt Beschäftigte, dass sind 7 Mio. Unterschied! Und dennoch fehlen massiv die Leute in einigen Berufen. Es gibt heute deutlich mehr Dienstleistungsberufe im einfachen wie im akademischen Bereich..Lieferdienste, Sicherheitsdienste, Coaches, Sozialberatung, Sozialarbeiter, Auditoren, Zertifizierer, Berater... die BWL Absolventen gehen durch die Decke, die Psychologieabsolventen ebenfalls. 1999 waren Computer und Internet noch auf dem Vormarsch, die Hartz Reformen noch nicht im Gang, es gab die aussereuropäische Migration noch nicht so. Die IT Berufe waren noch nicht so ausgeprägt, die amerikanisierten Berufe gab es fast gar nicht und die Zahl der Juristen war geringer. Dafür fehlen Krankenschwestern, Erzieherinnen, Elektriker, Gastronomiekräfte, Bäckereiverkäufer, Bäcker... die gelernten Fachkräfte, klassische Ausbildungsberufe. Stattdessen haben wir Friseure, Visagisten, Kosmetikerinnen, Nageldesigner ohne Ende. Wir haben viel mehr Schnellrestaurants für gering qualifizierte Jobs. Aber das Land verfügt immer noch über Reserven
 
Das ZDF hat einen entsprechenden Bericht veröffentlicht: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/nahles-kritik-haushaltsentwurf-jo...
 

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